Was Serghei Glinca von Bruce Lee gelernt hat
Von Rückschlägen nicht entmutigen lassen, sondern an seine Idee glauben und sich Netzwerke aufbauen: Serghei Glinca ist mit seinem Marburger Biotech-Start-up Crystals First durchgestartet und hat parallel die Start-up-Community GründerVirus initiiert - auch dank eines Zitats von Martial-Arts-Ikone Bruce Lee.
Wenn man Dr. Serghei Glinca nach einem Tipp für angehende Unternehmer fragt, dann antwortet der Gründer des erfolgreichen Marburger Biotech-Start-ups Crystals First und Initiator der Start-up-Community GründerVirus mit einem Zitat von Bruce Lee: „Be water, my friend.“ Die Ikone des Martial-Arts-Films war für den begeisterten Kampfkünstler Glinca schon in jungen Jahren eine Inspiration – und ebnete ihm wohl unbewusst auch den Weg zum Unternehmertum. „In der berühmten Filmszene beschreibt Bruce Lee, dass Wasser sich immer an die Umstände anpasst, weil es keine feste, starre Form annimmt: Es ist fließend. Und genau diese Erfahrung habe ich als Gründer auch gemacht: Man muss sich den Umständen, den Kundenwünschen und dem Markt flexibel anpassen – und darf nicht etwa unbeweglich verharren“, sagt Serghei Glinca.
Sein eigener Weg war immer wieder von Anpassungen und Veränderungen geprägt. Schon als Schüler wollte Serghei Glinca stets Neues ausprobieren, jobbte nebenbei in unterschiedlichen Bereichen, erkundete auch während seines Studiums der Pharmazie in Marburg regelmäßig neue Projekte und suchte neue Herausforderungen. Diese Einstellung wurde noch verstärkt, als er durch Studienkontakte in die USA mit dem sprichwörtlichen Gründervirus der dortigen Start-up-Szene infiziert wurde. „Da hat es mich wirklich gepackt und mir wurde klar, dass ich beruflich etwas Eigenes machen will. Durch mein Studium und enge Kontakte zu Prof. Dr. Gerhard Klebe sowie weiteren Wissenschaftlern der Uni Marburg habe ich schließlich 2015 die Firma Crystals First gegründet, mit der wir die frühe Entwicklung von Medikamenten durch Dienstleistungen im Molekularbereich deutlich beschleunigen können. Meine Tätigkeit als Apotheker war also enorm wichtig – aber die Liebe zum Gründen war noch einmal ein ganz anderer, ebenso entscheidender Faktor“, sagt Serghei Glinca im Rückblick.
„Man muss für das, was man tut, wirklich brennen. Ich habe das immer in den Phasen gemerkt, in denen es Probleme gab. Dann habe ich mich daran erinnert, dass wir hier unseren Teil dazu beitragen, Medikamente zu entwickeln, die anderen Menschen helfen."
Denn um erfolgreich am Markt bestehen zu können, benötigen Unternehmer unbedingt einen passenden „Drive“, wie es Glinca ausdrückt: „Man muss für das, was man tut, wirklich brennen. Ich habe das immer in den Phasen gemerkt, in denen es Probleme gab. Dann habe ich mich daran erinnert, dass wir hier unseren Teil dazu beitragen, Medikamente zu entwickeln, die anderen Menschen helfen. Und dass ich gleichzeitig mit diesem Projekt mein eigenes Ding durchziehen kann: eine klassische Win-win-Situation eben. Das ist ein starkes Motiv für schwierige Zeiten, und das braucht jeder Gründer.“
Gleichzeitig gibt eine solche Einstellung dem Start-up nach außen hin Glaubwürdigkeit. Schließlich merken Investoren schnell, ob das Gegenüber nur schöne Luftschlösser baut oder eben eine solide Geschäftsidee hat. „Das ist dann der klassische Begriff der Authentizität: Keine oberflächliche Rolle zu spielen, sondern tatsächlich von sich und seinem Projekt überzeugt zu sein“, sagt Serghei Glinca. Ein solch souveränes Auftreten in wichtigen Situationen musste er zunächst trainieren. „Ich habe schnell gesehen, dass ich Arbeit in diesen Bereich investieren will. Das galt auch für das Teilen meiner Erfahrungen und letztlich Werbung in eigener Sache, damit ich mit meinem Geschäft sichtbar wurde. Seitdem poste ich regelmäßig auf LinkedIn Beiträge, betreibe einen Blog zum Thema und erzeuge so im Internet Traffic. Und natürlich sind Netzwerke elementar wichtig, um mit anderen Gründern jedweder Fachrichtung ins Gespräch zu kommen“, rät Serghei Glinca.
Zusammen mit anderen Start-up-Enthusiasten initiierte er deshalb den Verein GründerVirus, der sich rund um Marburg um den Austausch des Start-up-Ökosystems engagiert. Niederschwellige Räume für den gegenseitigen Austausch schaffen, die Szene bei Events zusammenführen und ein Feedback-System mit Gründern, Stakeholdern und Investoren etablieren – das sind die wichtigsten Ideen hinter der GründerVirus-Community. „Auch hier ist wieder Offenheit gegenüber anderen Menschen und Kulturen wichtig, also eine Anpassung an bisweilen neue und fremde Umstände. Am Ende gibt es dann sehr ehrliche Rückmeldungen von anderen Gründern und Experten, wodurch alle voneinander lernen können: Das entwickelt dann so eine Eigendynamik. Und das erspart es einem schließlich, jeden Fehler selbst machen zu müssen. Wobei jeder Gründer auf seinem Weg noch immer genug davon macht, das gehört einfach dazu“, sagt Serghei Glinca schmunzelnd.
Gerade in schwierigen Phasen ist es außerdem wichtig, dass Investoren und Unterstützer an das Start-up glauben. „Die Beteiligungs-Managementgesellschaft Hessen (BM H) hat sich da bei uns sehr positiv hervorgetan, das lief alles äußerst professionell ab. Denn dort haben wir etwas vorgefunden, das für viele innovative Start-ups überlebenswichtig ist, in Deutschland und Europa aber leider noch immer nicht sehr oft vorkommt: Förderer, die auch an große Visionen glauben und diese supporten. Für Gründer ist das absolut Gold wert – denn man weiß nie, wann es mal holprig wird“, sagt Serghei Glinca.
BM H Hessen
Die Beteiligungsmanagementgesellschaft Hessen (BM H) investiert öffentliche Fördermittel in junge und mittelständische Unternehmen, darunter insbesondere auch Start-ups. Die BM H verwaltet mehrere Fonds, die auf verschiedene Zielgruppen, Vorhaben und Unternehmensphasen zugeschnitten sind – etwa für Innovationen, junge Unternehmen, neue Technologien oder die Übernahme von Unternehmen. Hessen Kapital ist einer von mehreren Fonds, die von der BM H Beteiligungs-Managementgesellschaft Hessen mbH verwaltet werden.
Einen Gewinn an Liquidität und Zeit für die Entwicklung ihrer Idee können sich Gründer außerdem durch öffentliche Förderungen verschaffen. Für sein Biotech-Start-up Crystals First setzte Serghei Glinca zunächst auf die Uni Marburg, die das Projekt als Gesellschafter unterstützte. Auch das EXIST-Gründerstipendium des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie sowie des Europäischen Sozialfonds erwies sich für Glinca als sehr nützlich. Dabei stieß der angehende Unternehmer mit seinem innovativen Ansatz hier zunächst auf Hürden.
„Die Entscheider haben am Anfang nicht glauben können, dass unsere Technologie und unser Geschäftsmodell vom Markt angenommen werden. Und tatsächlich muss ein Start-up ja auch immer ein Problem in der Wertschöpfungskette von Unternehmen lösen können, um betriebswirtschaftlich bestehen zu können – nur eine schöne Idee zu haben, reicht nicht“, erklärt Serghei Glinca. „Die erste Absage hat uns aber angespornt. Wir sind drangeblieben, haben Daten nachgeliefert und uns reingehängt, um unsere Überzeugungen glaubhaft zu machen. Und wir haben uns Unterstützung und Fürsprecher gesucht: Das Marburger Institut für Innovationsforschung und Existenzgründungsförderung (MAFEX)der Universität hat uns da sehr weitergeholfen. Das alles hat am Ende die Wende gebracht: Wir haben das Stipendium erhalten und sind heute am Markt sehr erfolgreich.“
Mit seinem breiten Mix aus Förderungen, der Fokussierung auf seine Idee und einer umfangreichen Vernetzung mit anderen Gründern hat er sich in Marburg mit seinem Unternehmen etablieren können. Der offene Austausch mit anderen Start-ups und das flexible Anpassen an immer neue Herausforderungen sind dabei natürlich niemals abgeschlossen, sondern werden Serghei Glinca sein gesamtes Unternehmerleben über begleiten. „Es ist eben letztlich ganz einfach: „Be water, my friend“, sagt Serghei Glinca augenzwinkernd.
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